Aktenzeichen Betreuungsfall ungelöst – die Fälle der Nina Falkenstein –Der verschwundene Wellensittich / Folge 2
Kommissar Runde klappte sein Notizbuch zu. „Also gut, wir halten fest: Ein verschwundener Wellensittich. Keine Einbruchspuren, kein Hinweis auf Fremdeinwirkung.“
„Von wegen!“ Nina stemmte die Hände in die Hüften. „Die Federn auf dem Teppich, die offene Käfigtür – das passt nicht. Horus wurde entführt, und zwar gezielt.“
„Entführt …“ Runde schnaubte. „Wir sind hier nicht in einem Krimiheftchen, Frau Falkenstein.“
Nina erwiderte nichts. Stattdessen nahm sie eine der kleinen blauen Federn zwischen die Finger, hielt sie ins Licht – als könnte sie darin ein Geheimnis erkennen.
„Mein armer Horus“, schluchzte Frau Moospichler. „Ohne ihn ist es hier so still …“
Stille? In diesem Moment durchschnitt ein silberhelles „Piep-piep!“ die Luft.
Drei Köpfe fuhren gleichzeitig herum.
„Das ist er!“, rief Frau Moospichler, stürzte ans Fenster und riss es auf. „Das ist mein Horus!“
Und tatsächlich: Zwischen den hohen Kastanien flatterte ein kleiner, hellblauer Punkt, der die Zweige erzittern ließ.
„Da!“, rief sie. „Da ist er!“
Doch noch bevor jemand reagieren konnte, bewegte sich ein Schatten unter dem Baum. Eine Gestalt in dunkler Kapuzenjacke hob langsam den Arm. Fast wie auf Kommando schoss der Wellensittich hinüber und landete auf der Schulter der Gestalt.
Für den Bruchteil einer Sekunde schien die Zeit stillzustehen. Dann wandte die Gestalt sich ab und verschwand schnellen Schrittes hinter der Hecke. Und Horus mit ihr.
„Das …“ Frau Moospichler japste nach Luft. „Das war doch … als ob er … abgerichtet wäre.“
Nina starrte hinaus. „Oder als ob er … auf ein Signal gewartet hätte.“
Kommissar Runde riss – er war zugegebenerweise nicht der Schnellste – so schnell er konnte, das Fenster auf. „Halt! Polizei!“ Doch draußen hallten nur noch Schritte, dann Schweigen. Runde überlegte sichtlich, ob eine Verfolgungs-„Jagd“ per pedes Sinn machte – entschied sich aber zügig gegen diese unfreiwillige Sporteinlage.
Zurück im Wohnzimmer herrschte bedrückte Stille. Frau Moospichler ließ sich schwer aufs Sofa sinken. „Es war … es war so merkwürdig. Die Art, wie die Gestalt den Arm hob …“
„Merkwürdig?“, hakte Nina nach.
Die alte Dame zögerte. „Ja. Irgendwie … vertraut. Die Haltung. Die Bewegung. Ich habe so etwas schon einmal gesehen … Aber ich komme nicht drauf.“
Nina warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Vertraut also. Jemand aus Ihrem Umfeld?“
„Vielleicht … vielleicht auch nicht.“ Frau Moospichler drückte ihr Taschentuch noch fester an die Nase. „Ich weiß es einfach nicht. Ich bin so durcheinander… Frau Falkenstein, Sie müssen mir gleich mal ein Tässchen von meinem Nerventee kochen…!“
Nina nickte Frau Moospichler zu – Kommissar Runde schnaubte. „So kommen wir hier nicht weiter. Wahrscheinlich irgendein Nachbarsjunge mit einer Vogelpfeife.“
„Ach, kommen Sie“, widersprach Nina scharf. „Das war kein Zufall. Horus ist direkt gefolgt, als ob er … programmiert wäre.“
„Programmiert?“, Runde zog eine Augenbraue hoch. „Frau Falkenstein, wir reden hier von einem Vogel, keinem Agenten.“
Aber Nina hörte längst nicht mehr zu. Ihr Blick glitt zurück auf den Käfig. Die kleine Tür stand noch immer offen, als hätte Horus nur auf das Zeichen gewartet.
Ein ungutes Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit und ließ ihr ein Frösteln über den Rücken laufen. Eine leise Vorahnung bahnte sich auf leisen Sohlen ihren Weg durch Nina’s kriminalistisches Gehirn …
Liebe Leser(innen)!
Der Fall wird immer rätselhafter! Oder?
- War es wirklich nur ein Zufall, dass Horus der dunklen Gestalt gehorchte?
- Warum wirkte die Bewegung dieser Person so vertraut – hat Frau Moospichler tatsächlich jemanden (oder etwas) erkannt?
- Und kann ein einfacher Wellensittich … „programmiert“ sein?
Vielleicht kommen Sie dem Geheimnis von Horus schon einen Schritt näher? Schreiben Sie uns Ihre Theorien und gewinnen Sie ein Krimidinner für zwei Personen!





